Neu- und Gebrauchtwagen stehen bei einem Autohändler nebeneinander
faktenfinder

Jobcenter dementiert Keine kostenlosen Autos für ukrainische Flüchtlinge

Stand: 29.04.2024 17:59 Uhr

Posts in sozialen Medien behaupten, dass Jobcenter ukrainischen Flüchtlingen den Autokauf finanzieren. Als Kronzeuge wird ein Gebrauchtwagenhändler genannt - der spricht inzwischen aber von einem "Missverständnis".

"Ukrainer kriegen in Deutschland Auto vom Jobcenter geschenkt" - das behauptet ein Autohändler aus der Nähe von Bremen in einem inzwischen nicht mehr verfügbaren TikTok-Video. Ein ukrainischer Flüchtling habe ihn angewiesen, die Rechnung für einen erworbenen Wagen auf das Jobcenter des Landkreises, in dem er lebt, auszustellen und die Behörde habe diese beglichen.

Der angebliche Beweis: ein Kontoauszug, laut dem 1.650 Euro von "Bundesagentur für Arbeit-Service-Haus" für einen "PKW VW Passat" überwiesen wurde. "Schmeiße deinen deutschen Ausweis weg - komm wieder her und sage, dass du aus der Ukraine geflüchtet bist", so der Rat des Autohändlers.

Landkreis dementiert

Der betroffene Landkreis Rotenburg (Wümme) bestreitet den Vorgang: "Wir können diese Behauptung nach eingehender Prüfung nicht bestätigen. Das Jobcenter des Landkreises hat dieses Auto nicht bezahlt", erklärte Sprecherin Christine Huchzermeier gegenüber dem ARD-Faktenfinder. Demnach habe es auch nicht, wie in dem Video angegeben, eine Überweisung an das Autohaus gegeben.

Ein Finger zeigt auf ein Tiktok-Video.

Die Angaben auf dem angeblichen Kontoauszug des Autohändlers decken seine Aussage nicht.

Angeblicher Beleg voller Widersprüche

Schon bei dem als angeblichen Beweis vorgelegten Kontoauszug gibt es Widersprüche: Der Kauf des Autos fand laut Video am 24. April statt. Das von dem Händler vorgelegte Papier, laut dem der Betrag bereits überwiesen ist, wurde jedoch laut Aufdruck am gleichen Tag erstellt und gibt als Überweisungszweck eine Rechnung vom 30. August 2022 an.

Nur ein "Missverständnis"?

Gegenüber dem ARD-Faktenfinder erklärte der Händler: "Bei dem Video ist ein Missverständnis vorhanden deshalb wurde das Video auch gelöscht." (sic!) Im Netz ist es jedoch weiterhin abrufbar, da es von vielen Accounts übernommen und weiterverbreitet wird. Allein auf einem für verschwörungsmythischen Inhalt berüchtigten YouTube-Kanal wurde eine bearbeitete Form fast 200.000 Mal abgerufen - und löste zahlreiche Hasskommentare aus.

Immer wieder gibt es Gerüchte über ukrainische Flüchtlinge und die Leistungen, die sie angeblich erhalten oder missbrauchen. So wurde behauptet, dass sie bei Zahnbehandlungen bevorzugt werden oder zwischen der Ukraine und Deutschland hin und her pendeln - eine Aussage, die auch aktuell wieder aufgestellt wird.

Vor allem Russland versucht, durch die Verstärkung von Falschbehauptungen über ukrainische Flüchtlinge Stimmung zu machen. So hatten prorussische Kanäle beispielsweise die Zahlungen für ukrainische Geflüchtete mit den Kürzungen für Landwirte in Verbindung gebracht, die die Bauernproteste Anfang des Jahres ausgelöst hatten.